Polen. Literarische Reisebilder
- gebundene Ausgabe, 524 Seiten
- Verlag Lektora, Paderborn 2013
- ISBN: 978-3-938470-81-7
- EUR 29,90
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Der Band „Polen. Literarische Reisebilder“ vereint erstmals die Bücher „Grundsteine im Gepäck“, „Polenreise“ und „Reise in Ostpolen“ in einer gemeinsamen Ausgabe. Matthias Kneip zeichnet in seinen ebenso feinsinnigen wie informativen literarischen Texten ein einfühlsames und zugleich lebendiges Portrait Polens, das Lust weckt, dieses Land selbst zu erkunden.
Stimmen zum Buch
„Eine legitime Erkundung und eine aufrichtige Dokumentation.“
Karl Dedecius über „Grundsteine im Gepäck“
„Es wird die Zeit kommen, da man nicht mehr nach Mallorca reisen möchte, sondern nach Osten, nach Polen zum Beispiel. Dabei könnte das Buch von Matthias Kneip als nützlicher Cicerone dienen.“
Michael Krüger über „Polenreise“
„Jeder, der wirklich wissen möchte, was Polen ausmacht, sollte sich mit diesem Buch im Gepäck auf die Reise machen. Der Autor verleiht nicht nur Orten und Menschen eine Stimme. Er verwebt in seinen Geschichten geradezu kunstvoll Filme, Legenden, Merkwürdigkeiten und literarische Texte, durch welche eine lebendige, fesselnde Lektüre entsteht, der sich der Leser kaum entziehen kann.“
Olga Tokarczuk über „Reise in Ostpolen“
Leseprobe (als Pdf)
Ich bin mit Polen aufgewachsen. Oder sollte ich sagen: neben Polen? Wie ein Phantom begleitete dieses Land meine Kindheit in den 70er- und 80er-Jahren, begegnete mir in Form von Namen und Orten, in Gestalt seiner Sprache und Sitten, seiner Literatur und Musik. Blieb dennoch unauffällig, zurückhaltend, drängte sich niemals auf, sondern trat nur beiläufig in Erscheinung, in Wortfetzen und Nebensätzen, Augenblicken und Hintergründen. Wenn uns Gäste besuchten, servierte meine Mutter zakąski, zum Mittagessen gab es zu Hause manchmal krupnioki, zapiekanki, barszcz oder żurek. Die Oblaten an Weihnachten nannten meine Eltern opłatki, die Lieder kolędy. Städtenamen wie Warszawa oder Kraków, Wrocław oder Łódź kannte ich von Postkarten her, die meine Eltern ab und zu aus Polen bekamen und mir wegen der Briefmarken schenkten. Anfang der 80er-Jahre riefen häufig Leute bei uns an, die Briefe aus Polen erhalten hatten und sie nicht lesen konnten, weil sie in polnischer Sprache geschrieben waren. Meine Eltern halfen dann beim Übersetzen, verfassten sogar Antwortbriefe an Menschen, die sie gar nicht kannten. Ich wunderte mich damals, warum Leute aus Polen Briefe schrieben in einer Sprache, die die Empfänger unmöglich verstehen konnten. Meine Mutter erklärte mir, dass sie sich bedanken wollten für Päckchen, die ihnen von deutschen Freunden zugesandt wurden. Auch wir schickten damals solche Päckchen nach Polen. Ich durfte beim Einkaufen helfen und verpackte Kaffee und Strumpf hosen, Schokoladen und Salamis, Kaugummis und Modeka taloge in Kartons. Ich empfand Mitleid mit diesem Land, dessen Menschen sich über solche Pakete freuten.